Grüner Nachwuchspreis 2017 an DI Kevin Kletzmayr

Ein Artikel von Veronika Maierhofer | 20.03.2018 - 00:00
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© Steiermärkischer Forstverein

Problembaumart Robinie

Von den in Österreich ca. 4.000 wachsenden Gefäßpflanzen gelten rund 27%, also ca. 1.100 Taxa, als Neophyten. Dies sind per Definition Pflanzen, die nach dem Jahr 1492 – dem Entdeckungsjahr Amerikas – sowohl über direkte als auch indirekte Mithilfe des Menschen in fremde Lebensräume eingeführt bzw. eingeschleppt wurden und dort in weiterer Folge wildlebend vorkommen.

Erweist sich die Etablierung solcher gebietsfremder Arten als ökologisch bzw. wirtschaftlich negativ oder bestehen womöglich gesundheitliche Risiken, spricht man von invasiven Neophyten.

Von den in Österreich vorkommenden 1.100 Neophyten werden nur 17 als invasiv und 18 als potenziell invasiv eingestuft. Dies mag auf den ersten Blick vernachlässigbar wenig klingen, doch sind die Auswirkungen derartiger Pflanzen auf die heimischen Ökosysteme nicht unerheblich. Nicht zuletzt auch aufgrund des Klimawandels und der sich damit stetig verändernden Pflanzengesellschaften rücken die negativen Aspekte invasiver Spezies immer mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit und verlangen nach nachhaltigen Lösungen.

Unter den forstlich relevanten invasiven Neophyten wie Götterbaum, Eschenahorn, Staudenknöterich oder Drüsiges Springkraut ist auch die Robinie zu finden. Dieser oft fälschlicherweise als „Akazie“ bezeichnete Baum stammt ursprünglich aus Nordamerika und wurde im 17. Jahrhundert aufgrund seiner Blütenpracht als Zier-, Park- und Alleebaum nach Europa eingeführt. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Robinie auch für andere Nutzungsformen immer interessanter: Ödlandaufforstungen, das Anlegen von Bienenweiden, Nutzungen als Rebstockholz für den Weinbau sowie Errichtungen von Windschutzstreifen führten zu einer breiten Kultivierung in Mitteleuropa und legten den Grundstock für ihre heutige Verbreitung. Aufgrund ihres ausgeprägten Pioniergehölz-Charakters erschloss die Robinie auch rasch die Trümmerschuttflächen urbaner Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, was vor allem in Deutschland und Österreich nach wie vor städtische Bereiche prägt.

Da dieser Neophyt nur von der kollinen bis zur submontanen Höhenstufe vorkommt, ist er in alpinen Lagen kaum anzutreffen. Bestandesbildenden bzw. expansiven Charakter hat die Robinie vor allem in den pannonischen Tieflagen.

Ihre geringen Ansprüche an Boden, Klima und Standort, die Bildung eines klonalen Wurzelsystems zur vegetativen Vermehrung sowie die Symbiose mit Rhizobien (Knöllchenbakterien), welche Stickstoff im Boden binden, ermöglichen es der Robinie, vor allem in diesen Gebieten autochthone Pflanzenarten nachhaltig zu verdrängen und die Biodiversität zu mindern. Aus diesem Grund benennen verschiedene Studien die Robinie als die Problembaumart im Auwald, aber auch auf Ruderal-, Brach- und Siedlungsflächen erfolgt eine rasche, unerwünschte Ausbreitung. Die Verdrängung der heimischen Baumarten durch die Robinie hat zumindest ökologisch und auf bestimmten Standorten auch ökonomisch nachteilige Auswirkungen.

Biologische Bekämpfungsalternative „Mykoherbizid“
Um Robinienpopulationen einzudämmen oder gar zu verhindern, bedarf es effizienter Bekämpfungsmaßnahmen. Mechanische Verfahren sind aufgrund der starken Ausschlagfähigkeit der Baumart jedoch weitgehend erfolglos oder unverhältnismäßig kostenintensiv. Der Einsatz von Herbiziden ist naturschutzfachlich bedenklich bzw. in schützenswerten Gebieten (z.B. Wasserschutzgebiete, Nationalparks, naturnahe Ökosysteme,…) rechtlich kritisch einzustufen. Die einzig gangbare mechanische  Bekämpfungsmaßnahme stellt das sogenannte „Ringeln“ dar. Diese Methode bedarf zweier Eingriffe über die Dauer von mindestens zwei Jahren und ist folglich mit einem enormen Arbeits- und Zeitaufwand verbunden.

Aus diesen Gründen zog man am Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz (IFFF) der Universität für Bodenkultur Wien eine völlig neue biologische Bekämpfungsmaßnahme für Robinie in Betracht, die im Rahmen meiner Masterarbeit geprüft wurde. Dabei wurde ein bereits an Ailanthus altissima (Götterbaum) erfolgreich getestetes Isolat des Welkepilzes Verticillium nonalfalfae (vormals V. albo-atrum) auf seine Wirksamkeit an Robinia pseudoacacia untersucht.

Versuchsaufbau
Bei der Herstellung des „Mykoherbizids“ wurde auf bereits vorhandene Stammkulturen von V. non-alfalfae, welche aus absterbenden Götterbäumen isoliert wurden, zurück-gegriffen. Diese dienten als Grundlage für Subkulturen, aus welchen im Labor in weiterer Folge die Sporensuspension hergestellt wurde.

Um die Wirksamkeit dieser Suspension zu überprüfen, wurden auf drei Versuchsflächen im Bezirk Leibnitz/Steiermark ausgewählte Robinien behandelt. Pro Versuchsfläche wurden 20 Bäume mit dem Verticillium-Isolat infiziert, jeweils sechs weitere dienten als Nullproben und wurden lediglich mit sterilem Wasser beimpft. Anschließend erfolgte über einen Zeitraum von 20 Wochen im 14-tägigen Rhythmus eine visuelle Kronenansprache inkl. Fotodokumentation.

Als Inokulationsmethode [von lat. inoculatio = einpflanzen, infizieren] wurde die von MASCHEK und HALMSCHLAGER (2016) entwickelte „Concave-slit inoculation method“ gewählt. Dabei wird ein abgeflammtes Rundstemmeisen mithilfe eines Fäustlings in einem Winkel von ca. 15° im Vergleich zur Waagrechten in das Splintholz der Versuchsbäume eingeschlagen und anschließend die Sporensuspension mittels Kanüle in die Rundung des Stemmeisens appliziert (vgl. Abb. 1). Durch nachfolgendes Drücken des Rundstemmeisens nach unten wird das Isolat durch die Saugspannung in den angeschnittenen Leitungsbahnen des Splintholzes regelrecht ins Splintholz „gesaugt“.

Die sich nun im System des Baumes befindlichen Sporen werden relativ rasch passiv über den Saftstrom ausgebreitet. Setzen sich die Sporen schließlich an einer bestimmten Stelle fest, induzieren sie hier einen Myzelherd, der wiederum zellzerstörende Enzyme und Toxine freisetzt. Diese stimulieren einerseits das Pilzwachstum, und zerstören andererseits die primären Zellwände, wodurch es zur Verstopfung der Leitungsbahnen kommt. Die damit einhergehende Einschränkung des Wassertransports führt zu den Verticillium-charakteristischen Welkesymptomen und schließlich zum Absterben der Pflanze.

Ergebnisse
Zur Freude aller an der Studie Beteiligten stellte sich bereits wenige Wochen nach Inokulation eine erhebliche Welke-symptomatik bei den infizierten Probebäumen ein (vgl. Abb. 2), die in einigen Fällen auch zur Mortalität führte. An der Begleitvegetation wurden im Zuge des Monitorings hingegen keinerlei Symptome einer Verticillium-Welke beobachtet, was die in der Literatur beschriebene hohe Spezifität des Erregers bestätigt.

Basierend auf den im Monitoring erhobenen Daten wurde der Krankheitsverlauf der Einzelbäume als Trendlinie dargestellt und die darunter liegende Fläche mittels AUDPC-Verfahren („Area under the Disease Progress Curve“) berechnet und einer univariaten Varianzanalyse unterzogen, wobei sich sowohl für den Einflussfaktor der Behandlung (Verticillium-inokulierte Versuchsbäume vs. Nullproben) als auch für jenen des Standorts höchst signifikante Einflüsse ergaben.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie konnten somit die in der Literatur beschriebene Pathogenität und Virulenz von V. nonalfalfae an Robinia pseudoacacia bestätigen und die Möglichkeit in Aussicht stellen, diese Pilzart als Mykoherbizid für die Bekämpfung der Robinie einzusetzen.

Um etwaige negative Auswirkungen auf die Begleitvegetation mit Sicherheit ausschließen zu können bzw. das Verfahren hinsichtlich der Faktoren Dosierung, Pathogenherkunft, Inokulationszeitpunkt und nachhaltige Wirksamkeit zu optimieren, bedarf es jedoch noch ergänzender Untersuchungen.