Ein Leben für den Wald – Rudolf Frauendorfer und sein bleibendes Vermächtnis

Ein Artikel von Gerhard Pelzmann | 03.07.2025 - 11:56
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BOKU, 1991 © BOKU

Wegbereiter moderner Forstwissenschaft
Frauendorfers Name ist untrennbar mit bedeutenden Innovationen in der Forsteinrichtung und forstlichen Betriebswirtschaft verbunden. Seine Beiträge umfassen unter anderem:

• Einführung der DGZ-Ertragstafel
Mit dieser Neuausrichtung der waldwachstumskundlichen Modellierung auf die sogenannte „echte“ Absolutbonität wurde die Grundlage für eine präzisere und praxisrelevante Bewertung der Produktivität von Waldbeständen gelegt. Die DGZ-Tafel wurde zu einem Maßstab moderner Ertragstafeln und fand Eingang in die Einheitsbewertung.

• Einführung der Stichprobeninventur in die Forsteinrichtung
Frauendorfer erkannte früh, dass nur objektive, repräsentative und kosteneffizient erhobene Daten eine tragfähige Basis für forstliche Planung und nachhaltige Nutzung darstellen. Die Stichprobeninventur sicherte sich dadurch dauerhaft ihren Platz im forstlichen Planungswesen.

• Entwicklung der forstlichen Kostenrechnung und Betriebsanalyse
Mit der Etablierung eines Testbetriebsnetzes im Großwald schuf Frauendorfer ein bis heute genutztes, österreichweit einmaliges Analyseinstrument für die forstliche Betriebswirtschaft. Seine Arbeiten lieferten unter anderem die Grundlagen für ministerielle Forstberichte und internationale Anerkennung – etwa durch den Karl-Abetz-Preis 1989.

• Beiträge zur Waldbewertung
Frauendorfer leistete Pionierarbeit bei der wissenschaftlichen Fundierung der forstlichen Einheitsbewertung. Er war über Jahrzehnte ein prägender Akteur in beratenden Gremien wie dem Bewertungsbeirat. Seine Arbeit ermöglichte eine nachvollziehbare, gerechte und praxisnahe Bewertung forstlicher Flächen – eine wichtige Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Verwaltung und Praxis.

• Analyse der bäuerlichen Waldwirtschaft
Neben dem Großwald war Frauendorfer auch der bäuerliche Wald ein Anliegen. Durch empirisch gestützte Waldinventuren und sozioökonomische Erhebungen trug er wesentlich zur besseren Kenntnis der Strukturen, Probleme und Entwicklungspotenziale der bäuerlichen Forstwirtschaft bei. Damit legte er Grundlagen für zukunftsorientierte Maßnahmen zur Stärkung des Bauernwaldes.

Wissenschaftlich fundierte Praxis
Als „Wissenschafter für die Praxis“ verband Frauendorfer wie kaum ein anderer Theorie und Anwendung. Besonders bemerkenswert ist, dass er Konzepte wie Third Mission – also den aktiven Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft – bereits lebte, lange bevor sie bildungspolitisch gefordert wurden.
Er verstand es, Wissenschaft in der forstlichen Realität wirksam werden zu lassen: in Kooperation mit Forstbetrieben, Behörden und in der Lehrerfortbildung. So etwa im gemeinsamen Aufbau einer forstlichen Seminartätigkeit für AHS-Lehrer – ein frühes Beispiel praktischer Wissenschaftsvermittlung.

Ein Leben im Dienst der Lehre und Verwaltung
Seine akademische Laufbahn war ebenso beeindruckend: Nach Studium und Habilitation übernahm Frauendorfer 1967 den Lehrstuhl für Forsteinrichtung an der BOKU und prägte dort eine ganze Generation von Forstleuten. Zwischen 1974 und 1980 bekleidete er zudem das Amt des Rektors und setzte mutige Reformen um – darunter die Abschaffung akademischer Talare.

Für seine Verdienste erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter:

• Barthold-Stürgkh-Preis für sein Wirken zur Verständlichkeit der Land- und Forstwirtschaft

• Karl-Abetz-Preis für herausragende betriebswirtschaftliche Leistungen

• Ehrendoktorat der LMU München für sein wissenschaftliches Gesamtwerk

Der Mensch Rudolf Frauendorfer
Trotz seiner akademischen Strenge war Frauendorfer bekannt für feinen Humor, Bescheidenheit und sein tiefes Engagement für „seine“ BOKU. Ehemalige Kollegen, Wegbegleiter und Studierende beschrieben ihn als sachlich, höflich und stets bestimmt, wenn es um fachliche Überzeugung ging. Und doch: Der stille, zurückhaltende Mann konnte zum „Löwen“ werden, wenn es um seine Universität oder die Sache der Forstwirtschaft ging.

Wie der Österreichische Forstverein es treffend formulierte:
„Frauendorfer war ein liebenswürdiger Mensch und einer der großen Forstleute seiner Zeit.“